Finger weg von geschlossenen Fonds

Geschlossene Fonds

Vielen Anlegern muss man es nicht mehr sagen, sie haben selbst erfahren, wie es ist, in geschlossene Fonds zu investieren: schlechte Entwicklungen der Investments, steuerliche Probleme, Vergleiche mit Banken, Totalausfall bis hin zu Rückforderungen von Ausschüttungen oder sogar Nachschusspflichten bei persönlicher Haftung sind nur einige Beispiele.

Zuerst in Berührung mit geschlossenen Fonds kam ich vor mehr als 25 Jahren als Versicherungsmakler. Ich nahm an einem Vortrag teil, in dem die Vorteile von geschlossenen Fonds – damals häufig noch als BGB Gesellschaft – uns Maklern erklärt wurden und vor allem die profitable Verkaufsprovision von über 10 % herausgestellt wurde.
Schon damals war mir klar, dass das kein Produkt für den Normalanleger sein konnte.
Bei Geschlossenen Fonds wird der Anleger in der Regel zum Unternehmer und allein damit sind die meisten Normalanleger überfordert, da nicht nur der notwendige Einblick in die Risiken fehlt, sondern auch vertiefte Finanz- und Branchenkenntnisse. Meistens erfolgt die Beratung sogar von selbst unkundigen Vermögensberatern oder Bankangestellten, die so – wie ich damals – höchstens eine kurze Produktschulung erhalten haben, selbst aber keine tiefergehenden Kenntnisse und Erfahrungen. Sie müssen jedoch eine Quote erreichen, die die interne Vertriebsorganisation vorgibt.

Schlechte Beispiele

Auf einem Seminar traf ich später mal einen Bankvertriebsmitarbeiter, der Lebensversicherungsfonds im Private Banking verkaufen sollte. Er war bereits ein erfahrener Kollege und deshalb so klug, sich zu verweigern – was genau richtig war, ihm aber bankintern – vorsichtig formuliert – kein Lob einbrachte. Die Lebensversicherungsfonds bestanden in Realität nicht aus Lebensversicherungen, sondern aus Yen-Anleihen und Swaps. Bei den Lebensversicherungen handelte es sich lediglich um ein Referenzportfolio von Versicherungen, das in der Realität nicht existierte. Der angelegte Betrag war quasi bereits zu Beginn durch die Swapkosten und die hohen Vertriebskosten zu einem Großteil verschwunden. Hinzu kam dann noch ein Zinsrückgang im Markt und eine höhere Lebenserwartung der Versicherten im fiktiven Portfolio. Kein Wunder, dass viele Rechtstreits anhängig sind.

ImmobilieWindpark

Auch wenn Prospekte mit schönen Fotos locken,

Probleme ziehen sich bei geschlossenen Fonds über alle Assetklassen, seien es Immobilien, Windparks, Schiffe, Flugzeuge, Filme, Patente, Lebensversicherungen oder andere Ideen, die gewitzte Banker bzw. Fondsinitiatoren hatten. Selbst relativ seriöse Angebote haben Anleger ruiniert, von schwarzen Schafen im Markt ganz zu schweigen. Unseriös ist es auch, ein seriöses Produkt dem falschen Anleger anzubieten, und darunter ist nicht nur der langfristige Immobilienfondsverkauf an eine 90-jährige Frau gemeint. Es gibt viele Nuancen.

Tipps für Geschädigte

Zuletzt war ich Compliance Verantwortlicher eines Unternehmens, das geschlossene Fonds konzipierte und verwaltete. Ich bin mit vielen Anlegerbeschwerden konfrontiert gewesen. Wenn man selbst zu den Geschädigten eines Fonds gehört, dann sind folgende Dinge wichtig:

 

Rechtsschutz
  • Gibt es eine Rechtsschutzversicherung und tritt sie auch für einen Streit über Kapitalanlageverluste ein?
    Ohne eine solide Rechtsschutzversicherung werfen Sie in der Regel – wie man so im Volksmund sagt – gutes Geld dem schlechten hinterher. Die Verfahren sind sehr kompliziert, was den verschachtelten komplexen Strukturen geschuldet ist und dauern lange. Selbst viele Rechtsanwälte sind überfordert. Häufig werden auch Geschädigte durch zwielichtige Anwälte und Interessensgemeinschaften ein zweites Mal abgezockt.
Dokumentation
  • Haben Sie alle Unterlagen und die komplette Dokumentation zusammengestellt und ist alles vollständig vorhanden? (u.a. Verkaufsprospekt, Beitrittsvereinbarung, Beratungsprotokoll, Geschäftsberichte). Ihr möglicher Rechtsanwalt wird alle Unterlagen genauso benötigen wie die Schlichtungsstelle oder die BaFin.
Verjährung
  • Ist der Anspruch bereits verjährt?
    Das ist sicherlich das Erste, was ein Rechtsanwalt prüfen sollte. Schon dies ist eine komplizierte Fragestellung, weil es auch unterschiedliche Ansprüche gegen unterschiedliche Akteure geben kann. Da ist zum einen die Prospekthaftung, also Ansprüche, die aus einem fehlerhaften Verkaufsprospekt hergeleitet werden. Es könnten aber auch Ansprüche gegen den Verkaufsberater, gegen den Geschäftsführer der Fondsgesellschaft, gegen den Initiator, gegen die refinanzierende Bank, etc. bestehen. Betrügerisch angelegte Angebote werden selbstverständlich anders als (halbwegs) seriöse bewertet.
Beteiligte
  • Welche Organisation hat Ihnen die Fondsanteile verkauft und welche Unternehmen stecken hinter Fondsverwaltung, persönlich haftendem Gesellschafter und Initiator?
    Das ist sehr wichtig für eine kaufmännische Lösung. Wenn man die Fondsanteile zumindest von einer seriösen Bank gekauft hat, dann besteht immer die Möglichkeit, dass man aus dem Fonds herausgekauft wird. Denn die Banken haben kein Interesse mit negativer Berichterstattung in der Presse zu stehen und sind auf ihren Ruf bedacht. Das heißt aber nicht automatisch, dass sie mit einem Scheck winken. Wichtig ist, auch bei anderen Gesellschaften, dass man sich unbequem macht. Unbequem heißt unrentabel für die Fondsverwaltung. Das kann man mitunter auch ohne teuren Rechtsanwalt, z.B. in dem man an Gesellschafterversammlungen regelmäßig teilnimmt, dort Anträge stellt, Informationen einholt, Widersprüche einlegt, Geschäftsführer persönlich anschreibt, mit der Einschaltung der BaFin droht. „Go to the top“ – heißt ein immer noch richtiger Spruch. Wenn der Vorstandsvorsitzende einer Bank mit einer vernünftig formulierten und nachvollziehbaren Beschwerde angeschrieben wird, wird das Wirkung zeigen. Dafür müssen sich Geschäftsführer von Tochtergesellschafte oder andere Angestellte rechtfertigen. Lassen Sie Vergleichsbereitschaft durchblicken. Lassen Sie sich auf keinen Fall einschüchtern, in irgendeiner Weise unter Druck setzen (z.B. Zeitdruck) oder durch bedrohliche Szenarien verunsichern.

BaFin und Schlichtungsstellen

Falls Sie an schwarze Schafe geraten sind, dann wird Ihnen dies alles natürlich nichts nutzen. Die BaFin sollten Sie in solchen Fällen aber informieren.
Ohne Rechtsschutzversicherung sollten Sie versuchen, einen Ombudsmann oder eine Schlichtungsstelle einzuschalten, z.B. https://bankenombudsmann.de/ombudsmannverfahren/ablauf-des-verfahrens/ oder https://www.versicherungsombudsmann.de/

Zweitmarkt

Manche möchten sich zu einem einigermaßen guten Preis über den Zweitmarkt z.B. zweitmarkt.de von ihrem Anteil trennen. Aber auch dort ist Vorsicht angebracht. Die meisten potentiellen Käufer dort dürften mehr Wissen besitzen als Sie. Die Differenz zwischen An- und Verkaufspreisen ist dazu oft sehr hoch. Gerade auch steuerliche Implikationen beim Kauf bzw. Verkauf eines Fondsanteils sind meist nicht auf den ersten Blick erkennbar.

Letztlich bleibt die einfache aber meist zu späte Erkenntnis: Lassen Sie von Geschäften, die Sie nicht komplett verstehen, die Finger weg!

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